Triggerwarnung: Dieser Artikel behandelt Anti-Schwarzen Rassismus.

„… Justus Jonas, Peter Shawn, Bob Andreeeeews…“ Bei wem stellt sich noch ein wohlig-warmes Gefühl ein, sobald der Titelsong ertönt? 

Seit 1979 wurden über 200 Folgen der drei Fragezeichen veröffentlicht und heute füllen die drei Sprecher sogar riesige Hallen mit Liveauftritten – Die drei ??? sind Kult! Und auch mich begleiten die drei Detektive seit meiner Kindheit durch die kalte Jahreszeit, über jede Krankheit hinweg, beim Aufräumen oder zum Einschlafen

Zumindest geht’s mir als weiße Person so. Schwarze Menschen (und auch IPoC) haben wahrscheinlich andere Erfahrungen gemacht. Denn die werden in der Hörspielserie anders repräsentiert, als Weiße … 

Ich höre was, was du nicht siehst

Bei Schwarz und weiß handelt es sich weder um biologische Rassen (die es bei Menschen nicht gibt), noch um Farben. Trotzdem wird ‘Hautfarbe’ oft (aber nicht ausschließlich) zur Zuordnung von Menschengruppen genutzt, wie schon die Bezeichnungen ‚Schwarz‘ und ‚weiß‘ zeigen.

Und auch wenn wir Hautfarbe im Hörspiel natürlich nicht sehen können, werden diese Zuschreibungen oft durch Beschreibungen des Erzählers oder in Dialogen getroffen:

  • Bob: „Er ist recht groß, mit dunkler Hautfarbe und mit einem großem tätowiertem Segelschiff auf dem linken Arm“ (aus „Schwarze Katze“)
  • Peter: „Darauf hat es der Schwarze Kerl abgesehen“ (aus „Der schwarze Tag“)
  • Wayne: „Unser Schwarzer Riese, hä?“ (aus „Schwarze Sonne“)
  • Bob: „…kleiner Schwarzer Junge mit einem auffallendem Blutschwamm auf der Wange dargestellt“ („Schwarze Sonne“) 
  • Erzähler: „Am Nachmittag trafen sich Justus, Bob und Peter und Glen, ein dunkelhäutiger, sportlicher, sehr erfolgreicher Schüler“ (Episode „Dopingmixer“)

Okay, Glen ist also “dunkelhäutig“… aber was ist mit den Detektiven? Sind die auch „dunkelhäutig“? Eher nicht! Das hätte der Erzähler dann wohl auch erwähnt. Aber als weiß oder IPoC werden sie auch nicht beschrieben. Und trotzdem können wir davon ausgehen: Die drei Fragezeichen sind weiß. Woher wir das wissen? Durch die Theorie des Othering.

Wir vs. „die Anderen”

Bei dem Prozess des Othering („zum Anderen machen“) grenzt sich eine ‚Wir‘-Gruppe binär von den ‚Anderen‘ ab. Das ‚Wir‘ gilt dabei als die Norm, das Normale. Den ‚Anderen‘ werden allgemeingültige und vermeintlich biologische oder kulturelle Eigenschaften (komplementär zur ‘Wir-Gruppe’) zugeschrieben.

Im Bereich Rassifizierung gibt es einen „Schwarz-Weiß-Dualismus“ (El-Tayeb 2001: 57), der Schwarz und weiß als Gegensätze konstruiert. Zwischen diesen beiden Extremen werden andere rassifizierte Gruppen eingeordnet. Weil Rassismus durch die Unterdrückung durch Weiße entstanden ist, gilt in der westlichen Welt weiß als normal und Schwarz als das ‘Andere’. 

Deswegen werden bei den drei Fragezeichen zwar Schwarze Figuren als Schwarz beschrieben, weiße aber nie als weiß (Ausnahme folgt). Weißsein muss nicht extra thematisiert werden, um zu existieren. Alleine dadurch, dass wir davon ausgehen können, dass Nicht-Weiße immer benannt werden, entsteht Weißsein subtextuell. 

Die drei Fragezeichen sind weiß

Und wenn ihr mir jetzt immer noch nicht glaubt, dass die drei Fragezeichen eindeutig weiß markiert werden – in einer Szene wird es sogar ausgesprochen: „Bei Schwarzen ist vieles möglich, was für uns Weiße unvorstellbar ist.“ (aus „Dreckiger Deal“). Wenn Weißsein überhaupt angesprochen wird, ist das allerdings eine Ausnahme und wird nur thematisiert, um es vom Schwarzsein abzugrenzen. Im Gegensatz dazu wird Schwarzsein selbstverständlich erwähnt, weil es als ‘anders’ gilt.

Aber, seid mal ehrlich, ihr habt euch die Drei wahrscheinlich sowieso immer weiß vorgestellt, oder? Ich als Weiße zumindest schon.

„Da hätte sich, weil es sich ja um ein Hörspiel handelt, endlich mal die Gelegenheit geboten allen Buben zu ermöglichen, sich mit den Helden zu identifizieren – grenzt aber diejenigen, die nicht weiß sind, aus. Offenbar zählen […] Kinder, die nicht weiß sind, einfach gar nicht. “ (Sow 2018: 202)
 
Schwarzsein wird aber nicht nur als anders, sondern auch als etwas Überraschendes dargestellt. Als die drei Detektive hinter einem Fenster lauernd eine unbekannte Person hören, ruft Justus überrascht „Seht doch…”, macht eine dramatische Pause und enthüllt die Identität “[…]eine Schwarze!” (aus „Geisterhaus“). Es ist eine Schwarze Frau! Was. Für. Ein. Schock. Unvorstellbar wäre dagegen, dass er überrascht “Seht doch… eine Weiße!” rufen würde. Dass die unbekannte Person Schwarz ist, ist übrigens kontextlos.

Aber wieso passiert sowas?

Black Voicing

Das Othering in dem Hörspiel vorkommt, liegt bestimmt auch daran, dass bei den Folgen Buchautor*innen wie Skriptautor*innen weiß sind und ebenso Regie und Produktion von Weißen übernommen wurden. Es wird also aus einer rein weißen Perspektive erzählt. Aber nicht nur das:Auch alle Schwarzen Figuren wurden von weißen Sprecher*innen verkörpert (siehe Tabelle).

Obwohl Schwarze Figuren in der Hörspielserie vorkommen, können Schwarze in Die drei ??? also nicht für sich selbst sprechen – stattdessen wird stets über sie gesprochen.

In Anlehnung an die rassistische Praxis des Black Facings spreche ich hier deshalb von Black Voicing (vgl. auch Day 2020). Der Begriff soll verdeutlichen, dass sich Schwarze Menschen in Medien oft nicht selbstbestimmt repräsentieren können, selbst wenn Schwarze Figuren dargestellt werden. Sie werden wortwörtlich nicht gehört.

Zusätzlich werden neben der Selbstbezeichnung Schwarz auch kolonialistische Formulierungen wie „dunkelhäutig“ oder “dunkle Hautfarbe” reproduziert. Bei Die drei ??? wird also eindeutig von Weißen für Weiße geschrieben und produziert. 

Das hier ist die erste von zwei Analysen zu Die drei ???. Im nächsten Teil “Die drei ???  haben ‘Angst vorm schwarzen Mann'” geht es explizit um Anti-Schwarze Vorurteile und Rassismen in der Hörspielserie. Der Artikel und meine komplette Masterarbeit mit theoretischem Background zu dem Thema findet ihr ab dem 18.01. hier (https://im-kontext.media/)  bei im Kontext.

Quellen

  •   Cheema, Saba-Nur (2017). „Othering und Muslimsein: Über Konstruktionen und Wahrnehmungen von Muslim*innen“. Außerschulische Bildung. 2/2017. S.23-28.
  •   Day, Laura (2020). „White actors voicing Black characters is ‚Blackvoicing‘“. REEL 360. https://reel360.com/article/white-actors-voicing-black-characters-is-blackvoicing/. (18.11.2020).
  •   El-Tayeb, Fatima (2001). Schwarze Deutsche: Der Diskurs um ‚Rasse‘ und nationale Identität 1890-1933. Frankfurt/Main: Campus Verlag GmbH.
  •   Haarmann, Harald (2005). Schwarz: Eine kleine Kulturgeschichte. Frankfurt am Main: Peter Lang, Europäischer Verlag der Wissenschaften.
  •   Sow, Noah (2018). Deutschland Schwarz Weiß: Der alltägliche Rassismus. Norderstedt: BoD-Books on Demand.

Medien

  •   „Das schwarze Monster“. Die drei ???. 94. EUROPA. 2000.
  •   „Der schwarze Skorpion“. Die drei ???. 120. EUROPA. 2005.
  •   „Der schwarze Tag“. Die drei ???. Spezial-Folge. EUROPA. 2018.
  •   „Dopingmixer“. Die drei ???. 60. EUROPA. 1994.
  •   „Dreckiger Deal“. Die drei ???. 72. EUROPA. 1996.
  •   „Geisterstadt“. Die drei ???. 64. EUROPA. 1995.
  •   „Schwarze Madonna“. Die drei ???. 127. EUROPA. 2009.
  •   „Schwarze Sonne“. Die drei ???. 151. EUROPA. 2012.
  •   „und der lachende Schatten“. Die drei ???. 13. EUROPA. 1980.
  •   „Und die schwarze Katze“. Die drei ???. 4. EUROPA. 1979.
Hannah Pfeiffer
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Hannah beschäftigt schon lange die Frage, welche Botschaften Medien an uns senden. Deswegen hat sie während ihres Masters der Medienwissenschaft die Medienbildungsinitative im Kontext mitgegründet. Vor allem die Wechselwirkung zwischen gesellschaftlichen Vorstellungen und ihrer medialen (Re-)Produktion greift sie gerne in ihren Texten auf - immer mit einem Blick auf soziale Machtverhältnisse. Deswegen interessiert sie sich auch privat besonders für Kontroversen: zwischen kritischer Theorie und Reality-TV, zwischen Feminismus und Cheerleading. Seit diesem Jahr bereitet sie außerdem auch hauptberuflich in einer Fernsehredaktion wissenschaftliche Theorien verständlich auf.