Wie zur Hölle sind wir wieder an dem Punkt gelandet, wo kinderfreien Frauen unterstellt wird, Kinder zu hassen? Wir sind nicht der Feind.

* * *

Wenn ihr die Episode „Die K-Frage“ im Lila Podcast noch nicht gehört habt, dann tut das bitte zuerst, bevor ihr meinen Beitrag lest. Ganz kurz zusammengefasst: Laura und Lena möchten einen kritischen Blick auf den Childfree Diskurs werfen, der in ihren Augen inzwischen zu weit geht. Dafür haben sie das Internet nach möglichst dummen (sorry) Takes zum Thema durchforstet, damit kinderfreie Frauen als unsolidarische Arschlöcher dastehen.

Ich muss sagen, dass mich bisher keine Podcast-Episode in diesem Jahr so aufgewühlt hat, wie diese. Was an sich ja etwas Gutes ist! Denn feministische Themen sollen durchaus kritisch reflektiert und seziert werden. In vielen Punkten musste ich den beiden Hosts absolut zustimmen, und in anderen wiederum vehement widersprechen – und das meist innerhalb weniger Minuten.

Deshalb versuche ich heute so differenziert wie möglich darauf einzugehen, was mich als kinderfreie Frau an der Podcast-Episode störte.

Mit meiner Selbstbezeichnung sind wir nämlich direkt bei Problem #1 angekommen.

WTF #1: Das Label Childfree ist „problematisch“!

Und da geht’s schon direkt los. Die Hosts (oder zumindest Laura) findet das Label „Childfree“ nämlich schwierig, da sie die Selbstbezeichnung – fälschlicherweise – damit verbindet, ein Leben gänzlich ohne Kinder zu führen. Aber lest selbst im Transkript nach:

„Es gibt ja zum Beispiel auch den Standpunkt, dass man das ein kinderfreies Leben nennen könnte, quasi in Abgrenzung zu Menschen, die eben ungewollt ohne Kinder leben. Einfach um diese freie Entscheidung gegen Mutterschaft, gegen Elternschaft zu zelebrieren (…). Aber irgendwie haben wir ja immer noch so ein bisschen so ein Problem mit dem Wort, oder? Also gibt es wirklich ein kinderfreies Leben?“

Laura Lucas

Sie stellt sich also vor, dass kinderfreie (ja, ich verwende den Begriff weiterhin) Personen keinen Kontakt zu den Kindern ihrer Freunde wollen und sich ein hedonistisches Parallelleben aufbauen, aus dem sie Kinder bewusst ausschließen.

Statt mit kinderfreien Frauen zu sprechen, spricht sie über sie – und legt ihnen ihre eigenen negativ-konnotierten Wahrnehmungen gegenüber Kindern in den Mund.

„Eltern finden ihre Kinder ja selber auch anstrengend und nervig. Also sie finden das ja auch oft nicht geil, wenn die jetzt irgendwie, keine Ahnung, einen Meltdown im Supermarkt kriegen oder in der S-Bahn.“ Laura Lucas

Hm. Komisch. Wenn Eltern kinderfeindliche Aussagen machen, scheint das irgendwie okay zu sein. Aber wenn kinderfreie Menschen sowas auch nur einmal laut aussprechen würden – brace yourselves. Über diese sprachliche Doppelmoral kommt irgendwann nochmal ein ganz eigener Take.

Aber erstmal zurück zum Begriff Childfree – und was dieser wirklich bedeutet. Dafür werfen wir kurz einen Blick ins Wörterbuch.

Im Cambridge dictionary steht bei der Definition von childfree (Teil 1):

„used to refer to people who choose not to have children“

Let me get this right, Laura und Lena: Childfree ist ein emanzipatorischer Begriff, der geschaffen wurde, um sich vom diskriminierenden (oder zumindest sehr stark negativ konnotierten) Label „kinderlos“ abzugrenzen.

Frag meine Tante, wenn du mir nicht glaubst. In den Neunzigern war es alles andere als cool, die kinderlose, alte Frau zu sein und mit diesem Adjektiv in Verbindung gebracht zu werden. Denn: Als Fremdbezeichnung implizierte „kinderlos“ lange Zeit, dass einer Frau etwas fehlt; während childfree positiver konnotiert ist, und kurzgesagt einfach nur besagt, dass man sich nicht selbst reproduziert oder adoptiert hat.

Selbst, wenn wir wieder zum Begriff „kinderlos“ zurückgehen würden, impliziert dieser Begriff semantisch ja genauso, (angeblich) frei von Kindern zu leben. Nämlich: kinder-los. Und eben nicht: kinder-voll. You get the point.

Zurück zum Begriff „kinderlos“ zu wechseln, würde außerdem bedeuten, zu den Stereotypen der Fünfziger, Sechziger, Siebziger, Neunziger zurückzukehren, in denen kinderlose Frauen gesellschaftlich weitaus weniger Status hatten, als die braven Mütter, die ihrer Aufgabe als Frau nachgekommen sind ; ) Nur mal so als kurze Erinnerung! Das ist, teils, bis heute so.

Muttersein wird idealisiert und gesellschaftlich akzeptiert, während kinderfreie Personen sich ständig für ihren fehlenden Kinderwunsch rechtfertigen müssen.

Also, um das final klarzustellen: In keinster Weise bedeutet das Label childfree, dass man Kinder im Allgemeinen hasst, dass man keine Zeit mit Kindern verbringen möchte, dass man keine Patentante sein mag und sich in Cafés augenrollend über schreiende Babys aufregt.

Ich finde es ziemlich scheiße und btw auch unsolidarisch, anderen FLINTA ihre hart errungene Selbstbezeichnung schlechtzureden, nur, weil man den Begriff selbst nicht verstanden hat. Was kommt als nächstes? Personen ihre selbstgewählten Pronomen absprechen?

WTF #2: Sich auf Social Media für sein Childfree-Leben zu feiern, ist peinlich! (sinngemäß)  

„Sich von gültigen Idealen, zum Beispiel der Kleinfamilie, abzukehren ist schwer, wenn keine alternativen Lebensmodelle gelebt werden und alternatives Glücklichsein nicht sichtbar und akzeptiert ist.“ Madeleine Hofmann

Ja, was soll ich dem Zitat der Autorin noch hinzufügen? Ist es in feministischen Bubbles nicht ansonsten eigentlich erwünscht, alternative Lebensmodelle aufzuzeigen – statt den weichgespülten Einheitsbrei aus gestellten Mutter-Vater-Kind-Fotos? Am besten in heterosexuell und monogam? Sorry, aber davon haben wir bereits die letzten Jahre Tradwife sei Dank genug gesehen.

Für Frauen wie mich ist es eine absolute Errungenschaft, keine Kinder gebären zu müssen – und sich einer gewissen Rolle im Patriarchat entzogen zu haben, die sie nie erfüllen wollten. Warum sollte das nicht auch auf Social Media zelebriert werden dürfen? Schließlich leben wir anders als in Russland in einer Demokratie. Dort drohen Menschen, die sich offen für Kinderlosigkeit einsetzen, künftig Geldstrafen von rund 3.800 Euro.

Ich persönlich möchte jedenfalls weiterhin emanzipierenden Content von Frauen sehen, die sich bewusst gegen eine (biologische) Mutterschaft entschieden haben. Und nein, dazu gehört natürlich nicht dieser eine Account, der Eltern für ihre struggles shamed.

An dieser Stelle sei auch das Video von Leena Norms zu empfehlen, die meine Perspektive teilt – und durchaus Lust auf Kinder in ihrem Leben hat. Schade, dass diese kinderfreien Takes gar keinen Raum im Lila Podcast hatten.

Vorwurf #3: Kinderfreie Personen sollen gefälligst das System, und nicht die Mutter kritisieren!

„Und man merkt tatsächlich so ein bisschen im Diskurs, dass das anscheinend ein sehr schmaler Grad für manche ist und dass eben die Aufklärung um reproduktive Gerechtigkeit sehr schnell in so einem Mütter-Bashing enden kann.“ Lena Sindermann  

Ich finde es ziemlich eindimensional, kinderfreien Personen zu unterstellen, dass sie lieber Mütter, als das System kritisieren würden. Im Gegenteil: viele kinderfreie Personen kritisieren auf Social Media und IRL das System, das es ihnen eben leider nicht ermöglicht, entspannt Mutter zu werden. Schon mal was vom Birthstrike gehört? Frauen bekommen bewusst keine Kinder, weil sie Systemveränderungen fordern. Und nicht, weil sie gegen Mütter sind.

„Und wer trägt die Hauptlast dieser kinderfeindlichen Gesellschaft? Richtig, das sind vor allem Mütter. Denn sie sind es, die einspringen, wenn Betreuungen ausfallen, die ihre Arbeitszeiten reduzieren, um sich zu kümmern, die beruflich und privat zurückstecken.“ Lena Sindermann

Bin ich ganz bei dir, Lena. Es gibt unfassbar viele FLINTA, die nicht gebären möchten, weil sie mit genau den Bedingungen des Systems unzufrieden sind, und sich deshalb gar nicht erst in eine prekäre Lage begeben wollen.

Damit sind sie nicht gegen Mütter, sondern für die Struggles von Eltern. Wir kritisieren im Grunde dieselben Probleme (fehlende Betreuungsmöglichkeiten, hoher Mental Load, prekäre berufliche Berufsaussichten), nur, dass eine Gruppe (childfree) sich eben daher bewusst gegen Kinder entschieden hat; während die andere Gruppe (Mütter) sich mal mehr, mal weniger bewusst trotzdem dafür entschieden hat.

Es ist nicht automatisch „anti-natalistisch“, sich gegen Kinder zu entscheiden. Ein kinderfreies Leben kann aus vielen Gründen gewählt werden – aktuell ganz vorne liegt im Ranking übrigens die finanzielle Dimension. Der Youtuber Alex (Der Dunkle Parabelritter) hat dazu ein paar exzellente Takes recherchiert.

Sich hingegen „blind“ und unreflektiert – trotz all der systemischen Krisen – auf das Abenteuer Elternschaft einzulassen, ohne ernsthaft zu hinterfragen, was das langfristig für das neue Lebewesen bedeutet, ist weniger eine bewusste Entscheidung für das Kind als vielmehr eine unkritische Reproduktion pronatalistisch geprägter Normen. Und ja, das kann man imho durchaus auch problematisch, oder sogar egoistisch nennen. Kinder zu bekommen ist per se nicht moralisch „richtiger“, als keine zu bekommen.

Aber wer fragt schon uns Kinderlose?

Problem #4: Childfree ungleich Adults Only

Schauen wir uns nochmal den 2. Satz aus dem Cambridge Dictionary an.

child-free used to refer to…

„a place or situation without children”

Zu Beginn der Podcast-Episode bringt Laura wieder zwei Dinge durcheinander. Sie setzt die Childfree-Selbstbezeichnung nämlich mit dem kapitalistischen Marketing-Slogan „Adults Only“ gleich.

Während man sich selbst als childfree bezeichnen kann, würde kaum einer soweit gehen, und „adults only“ in die Identitätsbeschreibung aufnehmen. Deshalb finde ich den 2. Teil der Definition aus dem Cambridge Dictionary – die im Grunde auch 1:1 so für „adults only“ gelten könnte – in gewisser Weise irreführend.

Anyhow. Zurück zum Thema: Laura regt sich in ihrem Take zurecht darüber auf, dass es menschenverachtend ist, Kinder von Hochzeiten auszuladen. Stimme ich zu 100 % zu. Darüber muss wirklich niemand debattieren. Die Frage ist nur, ob man jetzt automatisch dazu übergehen sollte, diese Menschenverachtung allen Personen anzuheften, die kinderfrei leben.

Als ob es nicht auch genügend Menschen gäbe, die später durchaus Kinder wollen, sich aber bei ihrer Hochzeit mit Mitte 20 auf andere Dinge konzentrieren möchten und einfach nicht weit genug gedacht haben.

Don’t get me wrong: Ich persönlich würde niemals Kinder von meiner Hochzeit ausladen. Ich würde … generell gar niemanden einladen, denn ich sehe Hochzeiten nicht als Anlass dafür, anderen Menschen einen schönen Tag zu bereiten, sondern mir und meinem Partner. Und dafür haben wir uns etwas Besonderes überlegt. Ich hoffe doch sehr, dass mich meine Freunde danach nicht alle verlassen werden, weil sie nicht dabei waren.

Zurück zum Lila Podcast. Lena merkt in der Episode ganz richtig an, dass es auch kinky Hochzeiten gibt, auf denen Kinder nichts zu suchen haben – und sie sich in gewissen Situationen in der Nähe von Kindern unwohl fühlen würde.

Ja, guter Punkt. Was ist mit Hochzeiten, die nachts stattfinden? Hochzeiten von Personen aus der BDSM-Szene, Hochzeiten von Harsh Noise-DJs, die in einem stillgelegten Kraftwerk ab 22 Uhr die ganze Nacht durchfeiern möchten? Sollen diese Personen ihre Hochzeitsvorstellungen anpassen, weil ihre Freunde Kinder haben?

Diese Frage ist imho durchaus berechtigt, denn natürlich können sonst nur die Freunde kommen, die auch der Szene angehören. Es bleibt dann die Frage, was wichtiger ist: Diese einmalige Party so zu feiern, wie auch immer man das möchte – oder sie mit den Personen zu verbringen, die man liebt. Ich schlage vor, einfach zwei Hochzeiten zu machen. Eine kinderfreundliche, und eine erwachsenenfreundliche.

Ich bringe mal an dieser Stelle ein Gegenbeispiel. Angenommen, eine gute Freundin hat seit fünf Jahren ein Kind und du gehst dementsprechend seit fünf Jahren auf einen Kindergeburtstag. Du magst das Kind, kaufst gerne Geschenke und erwartest auch nichts als Gegenleistung.

Du solidarisierst dich, und denkst diese mit, wenn du über feministische Themen schreibst. So. Jetzt möchtest du deinen 35. Geburtstag aber doch nicht am Nachmittag mit Kaffee und Kuchen feiern, sondern abends um 19 Uhr in einem semi-schicken Restaurant. Kein Dresscode, aber Reservierung. Du lädst deine Freundin und ihr Kind natürlich ein, doch die Freundin findet das keinen geeigneten Ort für ihr Kind. Sie sagt dankend ab, und du ärgerst dich. „Was soll ich bitte noch machen, um dieses Kind zu inkludieren? Muss ich wirklich alles an meinem Leben ändern, damit ich gut genug für diese Freundschaft bin?“

Das Szenario, das ich gerade beschrieben habe ist das beste Beispiel für die Einbahnstraße, die oft in Freundschaften zwischen Müttern und Nicht-Müttern herrscht.

Nicht-Mütter müssen zurückstecken, das ist klar – alles andere ist unsolidarisch. Und Mütter haben am Ende das letzte Wort, was das Wohlergehen ihrer Kinder angeht. Aber manchmal frage ich mich, ob all die Einbindungsversuche, die kinderfreie Menschen an den Tag legen, überhaupt gesehen werden – oder ob uns lieber pauschal unterstellt wird, „kinderfeindlich“ zu sein, weil wir nicht jedes Szenario zu 100 Prozent kinderfreundlich auslegen. Als ob 70, oder 80 Prozent in manchen Fällen nicht genug wäre.

Dass wir als Freundin gescheitert sind, wenn wir unser kinderfreies Leben nicht genauso gestalten, wie Mütter – obwohl wir ja bewusst keine Mütter geworden sind.

Wo ist die Balance, die nicht einen Lebensentwurf automatisch dem anderen unterordnet? Wieso geht es mehr um Unterstellungen, als Kooperation?

Problem #5: Adults Only ist keine Diskriminierungsform

Bleiben wir noch kurz beim Thema Adults Only. Laura findet, dass Adults Only Angebote Kinder und ihre Angehörigen diskriminieren, weil dort keine Kinder erwünscht sind.

Dazu lohnt sich ein genauerer Blick auf den Begriff Diskriminierung. Im gesellschaftlichen und juristischen Sinne bezeichnet Diskriminierung eine ungerechtfertigte Benachteiligung oder Herabwürdigung aufgrund persönlicher Merkmale wie Geschlecht, Herkunft, Religion oder Behinderung. Kinder gehören selbstverständlich zu einer schutzwürdigen Gruppe – aber nicht jede Form von Ausschluss ist automatisch Diskriminierung.

Ein Seniorenwohnheim, das nur Menschen ab 65 aufnimmt, schließt Jüngere aus – ist aber nicht diskriminierend, sondern zielgerichtet konzipiert. Ein Frauenfitnessstudio, das nur Frauen Zutritt gewährt, will nicht Männer ausgrenzen, sondern einen geschützten Raum schaffen. In beiden Fällen wird nicht pauschal abgewertet, sondern differenziert: Wer ist Zielgruppe, was ist der Zweck des Angebots?

Man muss auch zwischen einer bewussten Benachteiligung und einer thematisch begründeten Einschränkung unterscheiden.

Adults Only Hotels beispielsweise sind keine gesellschaftliche Norm, sondern eine gezielte Ausnahme im touristischen Angebot. Ihr Anteil am Hotelmarkt ist vergleichsweise gering. Die große Mehrheit der Hotels richtet sich weiterhin explizit oder implizit an Familien mit Kindern.

Adults Only Hotels richten sich zudem nicht nur an Menschen ohne Kinder, sondern auch an: überlastete Mütter, Paare oder Freundesgruppen, die bewusst eine Auszeit suchen – und das ist legitim. Nicht jeder kann sich diese Auszeit leisten, ja – aber das macht sie nicht automatisch zu einem Akt der Diskriminierung. Urlaub ist kein Grundrecht für alle unter denselben Bedingungen – er ist teuer, individuell und soll vor allem: erholen.

Ein Urlaub ist kein öffentlicher Raum wie eine Schule, eine U-Bahn oder ein Wahllokal, wo Gleichbehandlung oberstes Prinzip ist. Urlaub ist eine private Entscheidung, oft eine Investition in sich selbst. Wer sich aus gesundheitlichen Gründen (hello, Tinnitus & Co) bewusst dafür entscheidet, eine Woche am Strand ohne Lärm, Planschbecken und Kinderanimation zu verbringen, diskriminiert keine Familien – sondern nutzt ein spezifisches Angebot, das niemandem etwas wegnimmt.

Denn: Für Familien mit Kindern gibt es nach wie vor unzählige Alternativen. Adults Only Hotels sind exakt das, was der Name sagt: ein Hotel wie jedes andere, nur eben ohne Kinder. Familien wird nichts verwehrt, sie werden nicht abgewertet, sie werden nicht verdrängt. Es ist kein Ausdruck von Menschenfeindlichkeit, seinen Urlaub ohne Kinder verbringen zu wollen.

Ja, here I said it. Eine Woche im Jahr darf ich tatsächlich für mich selbst entscheiden, ob ich meinen Mocktail an den planschbeckenfreien Liegenbereich serviert haben möchte. Das macht mich nicht zu einer schlechten Feministin.

Solidarität bedeutet nicht Selbstverzicht auf Erholung, sondern Respekt vor verschiedenen Lebensmodellen.

Abschluss: Gibt es ein Recht auf ein kinderfreies Leben?

Nein, natürlich nicht.

Aber genauso wenig gibt es ein Recht darauf, anderen Frauen vorzuschreiben, wie sie sich zu nennen und ihr Leben zu führen haben. Frauen dürfen genauso stolz darauf sein, keine Kinder bekommen zu haben; wie ihre kindervollen (ich nenn’s jetzt auch einfach so) Kolleginnen. Wer dieser Aussage widerspricht, denkt politisch konservativ und pro-natalistisch.

Kinderfreie Frauen sind weder unmoralisch, noch unmenschlich – und sie aufgrund ihrer Kinderfreiheit allein in solch eine Ecke zu drängen, höchst anti-feministisch.

Man darf sein Leben ohne ständige Care-Verpflichtung feiern – und die Entscheidung gegen eine Mutterschaft nicht als Mangel, sondern als Freiheit empfinden. Wer das nicht aushält, hat kein Problem mit Kinderlosigkeit – sondern mit weiblicher Autonomie.

Und ja, man sollte das sogar laut sagen oder posten dürfen, ohne dass einem Adultismus (!) unterstellt wird. Ohne, dass einem unterstellt wird, damit gleichzeitig Care-Arbeit abzuwerten. Im Gegenteil: Die Care-Arbeit wird sogar als so groß, so wichtig und alltagseinnehmend empfunden, dass man selbst merkt: Ich kann das vermutlich nicht leisten. Ich würde so einem Kind nicht gerecht werden.

Dass es im Kapitalismus leider noch keine gelingende Kombination aus größtmöglicher Freiheit und Mutterschaft gibt, ist nicht die Schuld der kinderfreien Frauen, die sich dagegen entschieden haben. Es ist – wie wir jetzt wirklich alle wissen – ein strukturelles Problem. Überraschung!

Kinderfreie Frauen greifen – in der Regel – keine Mütter an. Es ist, so wie ich das nach dieser Episode empfinde, genau das Gegenteil.

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