Als die Bürger*innen der Vereinigten Staaten am 8. November Donald Trump zum Präsident wählten, war die Aufregung groß – nicht nur seitens der Zuseher*innen in europäischen Wohnzimmern. Auch die ferner als vierte Gewalt bekannte Journo-Garde sah sich zu allerlei reumütigen Artikeln und Statements berufen, die in den meisten Fällen so peinlich wie folgt klangen:

„Wir Journalistinnen und Journalisten hätten Trump nicht lächerlich machen dürfen.“ [Ach, wirklich?]

„Wir müssen die Sorgen und Ängste der Bürger ernst nehmen und dürfen uns nicht ironisch von ihnen differenzieren.“

Und, das vielleicht Schlimmste:

„Wir Journalisten sind Teil des Establishments geworden.“

Es folgten: Schadensbegrenzende Artikel, die erklärten, wie man Journalismus künftig transparenter und authentischer machen könne, um den Vormarsch der Rechten zu verhindern. Beiträge, in denen elitäre Kollegen 50+ darüber schwadronierten („Es muss irgendwann Anfang der achtziger Jahre gewesen sein“), wie es war, als man noch ehrfürchtig recherchierte und mit Leuten Kaffee trank, für umme (also: vom Verlag finanziert) nach Südafrika flog und nicht einfach irgendetwas von der DPA abschrieb – in der Hoffnung, keine Nachfragen am Telefon stellen zu müssen.

Wer oder was ist eigentlich Elite?

Im Duden ist „Elite“ beschrieben als: „Eine Auslese darstellende Gruppe von Menschen mit besonderer Befähigung, besonderen Qualitäten; die Führenden, Besten; Führungsschicht“.
Was am Generalverdacht („Journalist*innen sind Schuld an allem!“) besonders stört, sind zwei Dinge. Erstens das Pauschalurteil. Es gibt weder „Die Journalist*innen“ noch gibt es „die Medien“. Ein Missy-Magazine hat einen vollkommen anderen Anspruch als eine boulevardeske Tageszeitung. Während die Gründer*innen kleinerer Magazine nicht alleine von ihrer Arbeit leben können, verdienen festangestellte Print-Journalisten bis zu 150 Prozent mehr als ihre idealistischen Kolleg*innen.
Zweitens wurden viele der beschwichtigenden Analysen zu Trumps-Wahlsieg ausgerechnet aus Position derjeniger heraus verfasst, die sich seit Jahrzehnten in ihren bequemen Chefsesseln eingerichtet hatten und selbst kein bis wenig Verständnis für die Belange von Frauen, Arbeitslosen, Armen, Migrant*innen oder anderweitig Marginalisierten zeigten. Und ausgerechnet die wollen jetzt plötzlich Journalist*innen, die sich um eine vielschichte Berichterstattung bemühen, ohne ihre Protagonist*innen bloßzustellen, mitmeinen? Schuldig sprechen? Nein danke.

Viele Journalist*innen verrichten den Dienst nach Vorschrift, sofern sie nicht Reporter sind, vom Schreibtisch aus und sind somit nicht besser oder schlechter als andere Beamte auch – aktuell nur eben leider ohne die finanzielle und berufliche Sicherheit, die der Job noch vor wenigen Jahren mit sich brachte. Vom Prestige gar nicht erst zu sprechen. Kurz: Der Journalismus kämpft nicht nur mit dem Problem der Glaubwürdigkeit, sondern auch mit dem Problem des Personals. Vielleicht, man mag noch darüber munkeln, hängt beides irgendwie zusammen?

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